Eine These über die Lage von Atlantis

Vor über 2300 schrieb der griechische Philosoph Platon (427 – 347 v. Chr.) in zwei seiner Dialoge, dem Timaios und dem Kritias, die Geschichte von Atlantis nieder. Die Geschichte wird ihm von Kritias erzählt, dessen Urgroßvater Dropides ein Verwandter und enger Freund von Solon (639 – 559 v. Chr.), einem griechischen Gesetzgeber und Philosophen war. Dieser wiederum sollte in der ägyptischen Stadt Sais, der damalige Hauptstadt von Unterägypten, von einem Priester namens Sonchis folgende Geschichte erzählt bekommen haben:

"Atlantis war eine riesige Insel, größer als Kleinasien und Libyen zusammen, die jenseits der Säulen des Herakles (Straße von Gibraltar) lag. Hinter Atlantis wiederum gab es weitere Inseln, von denen sich die Reisenden auf dem Weg zu einem Festland machten. Nun, etwa 9000 Jahre vor Solon, soll Atlantis ein mächtiges Königreich gewesen sein, dass sowohl über ihre ganze Insel, als auch über viele andere Inseln und über Teile des Festlandes ihre Macht ausübte. Damals, als sich ihr Herrschaftsbereich noch in Afrika bis nach Ägypten und in Europa bis nach Tyrrhenien erstreckte, versammelten die Atlanter ihre ganzen Streitkräfte zu einem einzigen Heereszug, um das restliche Land, dass diesseits der Säulen des Herakles lag, also den ganzen Mittelmeerraum, zu erobern.
Aber die Griechen besiegten die Atlanter, und so bewahrten sie sich, und die anderen Ländern vor der Unterwerfung.
In der darauf folgenden Zeit aber gab es gewaltige Erdbeben und Überschwemmungen und es kam ein schlimmer Tag und eine schlimme Nacht, in der die ganze Insel Atlantis ins Meer versank. Deswegen, so wurde Solon erzählt, kann man noch heute das Meer dort weder befahren noch erforschen, weil in ganz geringer Tiefe der Schlamm im Wege liegt, den die Insel, als sie sich senkte, zurückgelassen hat."

Wie Platon schrieb, war Atlantis eine riesige Insel, größer als Libyen und Kleinasien (heutige Türkei und Ostküste des Mittelmeeres) zusammen. Und diese Insel sollte hinter den Säulen des Herakles - Bezeichnung für die "Straße von Gibraltar" (Meerenge zwischen Spanien und Marokko) - im heutigen atlantischen Ozean liegen.

Wenn man auf einer Weltkarte jenseits der Meerenge Richtung Atlantik schaut, schweift der Blick unumgänglich zu der Inselgruppe der Azoren. Und es gibt einige Indizien, dass vor noch nicht allzu langer Zeit rund um das Azorenplateau eine Insel existiert haben könnte:

Geologische Indizien

Als 1898 750 km nördlich der Azoren das Transatlantikkabel riss, wurden bei den Reparaturarbeiten auch noch andere Gegenstände vom 17000 Faden tiefen Meeresboden hochgehoben. Darunter befand sich ein Felsbrocken, den man dem Geologen Paul Ternier überlies, um ihn genauer zu untersuchen. Dieser stellte fest, dass es sich um Tachylit, ein lavaartiges Gestein handelte, und er kam zu folgenden Schlussfolgerungen:

1.    Das Stück ist vulkanischer Herkunft; der Meeresboden ist dort in weitem Umkreis von Lava bedeckt. Im Raum des Telegraphenplateaus müssen einstmals sehr starke Vulkanausbrüche stattgefunden haben, bei denen jene Lava ausgeflossen ist, von der das Fundstück stammt.

2.    Das Stück ist amorph, glasig und nicht kristallin in seiner Struktur. Es kann nicht in Tiefwasser erstart sein, sondern an der Luft. Nur ein damals obermeerischer Vulkan kann es ausgeworfen haben. Die Lava, die gewaltige Areale des heutigen Meeresbodens bedeckt, stammt aus ehemaligen Landvulkanen.

3.    Zugleich mit seinem Ausbruch oder sehr bald danach muss sich das ganze Gebiet um mehr als 2000 m abgesenkt haben. Das Stück dokumentiert eine vorzeitliche Katastrophe mitten im Atlantik - dort, wo nach Platon die Insel Atlantis versunken sein soll.

4.    Das Stück ist seiner mineralogischen Zuordnung nach, wie oben erwähnt, ein Tachylit. Tachylit lösen sich etwa binnen 15000 Jahren im Meerwasser auf. Das Fundstück weist aber noch scharfe, nicht angefressene Konturen auf. Die durch seine Auffindung indirekt bezeugte Katastrophe im Atlantik müsste sich also vor weniger als 15000 Jahren. Wahrscheinlich erheblich später. Dieses Altersmaximum deckt sich überraschend mit Platons Angabe „9000 Jahre vor Solon“, also ca. 10000 v. Chr., was wiederum für das Ende der Eiszeit spricht.

Ein weiteres Indiz für die Absenkung des Azorenplateaus liefern noch die Kongorinne (Afrika) und der Hudson Canon (Nordamerika). Diese Rinnen werden nicht mehr vom jeweiligen Fluss durchströmt, wie man meinen könnte, denn sie liegen einige tausend Meter unter dem Meeresspiegel. Der Kongo zum Beispiel fließt durch eine schmale Trichtermündung in den Atlantik. Um diese Mündung herum befindet sich Bergland. Aus der Luft ist sie als deutlicher Einschnitt in der Küstenlinie erkennbar. Nicht aber, dass der Fluss im Meer endet. Er scheint sich unter Wasser sein Flussbett weiter zu graben, und zwar 120 km lang, gleichmäßig absinkend bis auf eine Tiefe von 2800m. In dieser Tiefe scheint die Ursprüngliche Küstenlinie von Afrika zu liegen. Der eher seicht abfallende Meeresgrund bricht hier steil ab, und hier endet auch die Kongorinne.

Mit dem Hudson River verhält es sich ähnlich. Seine untermeerische Verlängerung verläuft weiter durch den extrem flach abfallenden Meeresboden bis in eine Tiefe von 2900m. Das sind bei weitem nicht die einzigen Flussverlängerungen. Die meisten findet man aber im Atlantik. Wenn man eine Reliefkarte des atlantischen Meeresbodens aufmerksam betrachtet, fällt einem auf, dass zum Beispiel in Afrika das Festland sanft in den Atlantik übergeht und dort noch viele hunderte Kilometer weiter verläuft, bevor der Meeresboden steil am Kontinentalsockel abbricht. Auf der Seite des indischen Ozeans ist es genau anders. Hier fällt das Festlandleicht zur Küste hin und genau hier bricht der Meeresboden extrem steil ab.

In Südamerika sieht man das noch besser. Man könnte meinen, jemand hätte mit dem Daumen die Erde wie einen Gummiball an der Stelle des Atlantischen Rückens eingedrückt und die Küsten Afrikas, Nord- und Südamerikas mit in der Mulde verschwinden lassen.

Die Azoren selbst liegen auf dem vulkanisch sehr aktiven Mittelatlantischen Rücken (wie z.B. auch die Insel Island), eine Schnittstelle zwischen der Eurasischen und Nordamerikanischen Erdplatte (vgl. hierzu das Referat über Vulkanismus). In dieser Zone bebt recht häufig die Erde und reißt manchmal sogar stellenweise auf, da die Erdplatten auseinander driften.
Bei solch einem starken Erdbeben könnte Atlantis - wie Platon erwähnt - im Meer versunken sein.

Eine weitere Beobachtung aus der Biologie spricht für die Lage von Atlantis in der Nähe der Azoren:

Atlantis als Sperrinsel

Der Österreicher Otto Muck schrieb 1976 in seinem Buch „Alles über Atlantis“, dass aufgrund der Isothermik rechts und links vom Atlantik während der letzten Eiszeit eine Golfstrom-Sperrinsel existiert haben muss, welche im Azoren-Gebiet gelegen haben soll. Wenn man das Azorenplateau sich etwa 3 km angehoben vorstellt, dann kommt man sogar auf eine Insel, die mit Platos Ausmaßen übereinstimmt. Auf dieser durch den Golfstrom klimatisch begünstigten Insel könnte sich eine Zivilisation durchaus entwickelt haben.
Muck erklärt auch das Geheimnis der Aalwanderungen mit der Existenz von Atlantis. Die Aale kommen in der Sargassosee zur Welt, welche westlich und südwestlich von den Azoreninseln liegen. Von ihrem Instinkt geleitet, lassen sie sich vom Golfstrom in Richtung Osten nach Westeuropa quer durch den Atlantischen Ozean treiben. Diese Reise dauert 3 Jahre. Die Überlebenden teilen sich an der Küste auf. Die männlichen Aale bleiben im Salzwasser, die Jungweibchen schwimmen in die Unterläufe der europäischen Flüsse. Diese Trennung der Geschlechter dauert ebenfalls 3 Jahre, bis sie Geschlechtsreif sind. Danach treffen sie sich wieder bei den Flussmündungen, und schwimmen zurück in die Sargassosee. Sie schwimmen in großer Tiefe, wo sie vermutlich die Unterströmung ausnutzen. Nach 140 Tagen sind sie wieder an ihrer Geburtsstätte angelangt, wo sie wiederum die Paarung vollziehen. Muck fragt sich nun mit Recht, warum die Aale zweimal eine so gefährliche Reise unternehmen, wobei sie doch in die Karibik bzw. nach Amerika schwimmen könnten, da beide wesentlich !! näher liegen. Hierauf wird meistens geantwortet, dass sich die Aale einfach dem Golfstrom anvertrauten. Aber der Golfstrom treibt sie eben weit weg nach Europa, und trägt sie auch nicht mehr zurück. Aber war das immer so?

Wenn Plato recht hätte, dann läge Atlantis auf dem Azorenplateau und hätte damit dem Golfstrom den Weg nach Europa abgesperrt. Dieser wäre zurück Richtung Amerika abgelenkt worden, und so hätte der Golfstrom tatsächlich einen Kreislauf ausgeführt, dem sich die Aale sicher anvertrauen könnten. Die Aale wären also von ihrem Laichplatz in der Sargassosee vom Golfstrom in die nahe gelegenen Küsten von Atlantis getragen worden, wobei die Weibchen wieder in die Flüsse geschwommen wären, um dort geschlechtsreif zu werden, während die Männchen draußen im Meer auf sie gewartet hätten. Dann hätte sie der Golfstrom gemeinsam zu ihrem Geburtsort zurückgetragen, der jetzt wiederum zu ihrem Laichplatz wird.

(Rot= Golfstrom; Gelb= Azoren)

Durch die Annahme einer großen Insel mitten im Atlantik könnte auch die Tatsache geklärt werden, wieso wir in Europa bis vor ca. 10.000 Jahren eine Eiszeit hatten, was aufgrund des warmen Golfstroms an den Westküsten Mittel- und Nordeuropas sehr ungewöhnlich ist.
Wenn die Insel - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr existiert, dann würde nun der Golfstrom die Aale nach Europa verschleppen, wo er sie im Stich ließe, da er sich im Europäischen Nordmeer abkühlt. Und genau das macht der Golfstrom ja auch.
Dies würde wiederum bedeuten, dass die Aale eine genetische Erinnerung an ein Festland mit Süßwasser mitten im Atlantik hätten. Da sie es aber heute nicht mehr finden, weil die Insel ja versunken ist, schwimmen sie einfach weiter bis nach Europa...

Mögliche Lage und Größe von Atlantis (grau).

Quelle: http://rdmteam.piranho.at

 

This page is part of www.rene-finn.de / René Frank, Heusenstamm

Zurück